Nachhaltige Entwicklung im volkswirtschaftlichen Unterricht
Nachhaltige Entwicklungim volkswirtschaftlichen Unterricht

Nachhaltige Bildungswende jetzt!

Februar 2019

 

Ob die Geschichtsbücher der Zukunft das Frühjahr 2019 als Beginn einer neuen Jugendbewegung markieren werden? Noch ist nicht abzusehen, ob die Schüler*innenproteste in vielen Ländern gegen die verfehlte Klimaschutzpolitik ihrer Regierungen nur ein vorübergehender Hype sind. Womöglich sind sie auch ein Beleg für einen längerfristigen Trend zur Politisierung einer vermeintlich digital-apathischen und desillusionierten Jugend.

 

Wer den „streikenden“ Schülerinnen und Schülern um „Fridays For Future“ unterstellt, sich manipulieren zu lassen und es lediglich auf einen freien Unterrichtstag abzusehen, wie es Netztrolle und rechte Hetzer*innen tun, hat von jungen Menschen und Lernenden von heute keine Ahnung. Vorbei die Zeiten, als Umweltthemen und Ökoklamotten unter Jugendlichen schon aus Prinzip als „uncool“ galten. Pädagog*innen, die Zukunftsthemen zum Thema des Unterrichts machen, können heute in aller Regel mit gesteigerter Aufmerksamkeit und Diskussionsbereitschaft ihrer Klassen rechnen. 

 

Doch weiterhin hängt es zu oft noch am persönlichen Engagement und der individuellen Interessenslage von Lehrpersonen, ob Zukunftsthemen ihren zentralen Platz im Unterricht finden. Denn nicht nur in der Klimapolitik agiert die Politik seit Jahren halbherzig und mutlos. Nachhaltigkeit als „grüner Faden“ von Zukunftsbildung kommt in schulischen Lehrplänen und Lehrbüchern bis auf wenige Ausnahmen noch immer zu kurz. 30 Jahre nach der Proklamation des „Nachhaltigkeits-Paradigmas“ durch den UN-Bericht „Our Common Future“ beginnen Bildungspolitiker*innen erst jetzt und sehr zaghaft, Bildung für nachhaltige Entwicklung in die Obligatorik der Schulbildung und der Lehrer*innenbildung zu integrieren. Allzu oft müssen außerschulische Initiativen des Globalen Lernens ihre BNE-Programme den schulischen Bildungsinstitutionen wie Sauerbier anbieten. „Welches sozial- und umweltpolitische Versagen der Politik sollen wir Schulen denn noch ersetzen?“ fragen auf der anderen Seite Lehrkräfte. Ob zu Recht oder zu Unrecht bleibt hier offen. Bedingt durch Zeitmangel und unklare curriculare Verankerung gelingt es im formalen Bildungswesen jedenfalls nur selten, diese Themen in aller Ausführlichkeit zu behandeln.

 

Stattdessen gilt Nachhaltigkeit weiterhin als „Nice-to-have“, als ein Siegel, das man sich kurz von den Sommerferien in einer Projektwoche erarbeiten und dann an die Eingangspforte zum Schulhof hängen kann. Daran haben bisher auch die schönsten BNE-Konzepte, Grüne Minister*innen und zahllose Bildungskongresse wenig geändert. Vielmehr stehen Pädagog*innen immer stärker unter Druck, für die „Erfordernisse des Arbeitsmarkts“ auszubilden: das Axiom der Wachstums- und Konkurrenzgesellschaft ist unvermindert die Basis der meisten Reformen, die aus der Bildungspolitik an Schulen herangetragen werden.

 

Die Energiewende und Verkehrswende werden von Umweltverbänden schon seit vielen Jahren gefordert. Wann erheben sie aber auch die Stimme für eine „Bildungswende“ im Schulwesen hin zu den Zukunftsfragen unserer Welt, die für Ressourcenknappheiten, Umweltzerstörung, soziale und demografische Destabilisierungen dringend konstruktive Antworten sucht? Wenn Schülerinnen und Schüler nun für ihre Zukunft auf die Straßen gehen, so kann dies als Plädoyer gewertet werden, die sozial-ökologische Transformation auch im Bildungswesen voranzutreiben. Denn nur den Freitag der Zukunft zu widmen, ist diesen Jugendlichen mit Sicherheit zu wenig. 

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