Wie wenig der traditionelle Wirtschaftsunterricht auf grundsätzliche Kritik an seinen Grundlagen reagiert, lässt sich an Hand dreier Diskussionen belegen, die nicht mal im Ansatz im öffentlichen Bildungssystem wahrgenommen werden.
Zum ersten handelt es sich dabei um die Hinterfragung der Stellung von klassischen, keynesianischen, insbesondere aber neoklassischen Modellen, die weiterhin den Schulunterricht dominieren, mit der Modellvorstellung einer nachhaltigen Ökonomie aber fundamental in Konflikt geraten - und das, obwohl die in diesem Zusammenhang verwendeten Modelle oftmals weder in sich zusammenpassen noch in ihrer Simplizität den Praxistest bestehen. "Mit einem einfachen einzelwirtschaftlichen Weltbild tut man sich zwar leichter, weil es so klar und überschaubar ist, aber Lösungen findet man damit nicht. Die natürliche Welt war verloren, wird man vielleicht in 100 Jahren sagen, weil die ökonomischen Weltbilder so einfach waren"(1) urteilt Heiner Flassbeck, der langjährige Chefvolkswirt der UNO-Welthandels- und Entwicklungskonferenz UNCTAD. Und was bringt der schulische VWL-Unterricht, wenn seine Modelle so wirklichkeitsfern sind? Der australische Ökonom Steve Keen - seinerseits bekennender Keynesianer - hat sich der Widerlegung der Neoklassik angenommen.
Des Weiteren birgt die wirtschaftswissenschaftliche Fachsprache Gefahren, die gemeinhin in keinem Lehrbuch und keinem Lehrplan auch nur ansatzweise hinterfragt werden. Der englische Erfolgsautor John Lanchester hat sich der in Ökonomenkreisen gepflegten Fachsprache angenommen, die fast schon als „Geheimsprache“ fungiert und Außenstehende ratlos zurücklässt, was in der Wirtschaft, speziell auf den Finanzmärkten, eigentlich gespielt wird. Dabei kritisiert er nicht nur die Exklusivität der Sprache der „ökonomischen Hohepriester“, sondern legt auch in zahlreichen Fällen offen, wie der tradierte Fachjargon (bewusst oder unbewusst) unbedarfte Adressaten in die Irre führt. Da wirtschaftliche Debatten nicht nur fachwissenschaftlich, sondern in hohem Maße gesamtgesellschaftlich geführt werden, beeinflusst die Fachsprache die gesamte Kultur. Simon Sahner und Daniel Stähr beschreiben n mit ihrem Sachbuch "Die Sprache des Kapitalismus", wie weit die Ökonomisierung des Denkens fortgeschritten ist.
Mit ihrer Kritik legen Lanchester, Sahner und Stähr den Finger in die Wunde der ökonomischen Begriffsbildung, die weder in der akademischen Wirtschaftslehre noch in der schulischen Wirtschaftspädagogik befriedigend aufgearbeitet wird.
Noch einen Schritt weiter geht unter dem Schlagwort des "Heimlichen Lehrplans" auch eine religiös-wertorientierte und weltanschauliche Diskussion, die den Ökonomieunterricht zwar in engeren Sinne überschreitet, die jedoch zum Verständnis zahlreicher ökonomischer Axiome unabdingbar ist. Denn die moderne Ökonomie erweckt immer mehr den Anschein, die Rolle und die Aufgaben traditioneller Religionen zu übernehmen. Hier liegt die Verantwortung einer aufklärerisch-orientierten Wirtschaftsdidaktik darin, die Überzeugungen und Implikationen des ökonomischen Denkens an sich aufzudecken. Der amerikanische Theologe Brian McLaren hat eine Streitschrift vorgelegt, die quasi-religiöse Funktionen von Markt und Wirtschaftstheorie aufzudecken versucht.
Fachwissenschaftliche Kritik
Debunking Economics - eine Fundamentalkritik der Neoklassik
Linguistische Kritik
Die Manipulation durch die ökonomische Fachsprache
Theologische Kritik
(1) Flassbeck, Heiner: Die Marktwirtschaft des 21. Jahrhunderts. 2010, S. 222.