Nachhaltige Entwicklung im volkswirtschaftlichen Unterricht
Nachhaltige Entwicklungim volkswirtschaftlichen Unterricht

Der Klimawandel

Die folgenden Ausführungen entstammen dem Buch Die Vergötterung der Märkte des Wirtschaftspädagogen Udo Köpke.

 

Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Büchner Verlags. 

 

Der Begriff „Klimakatastrophe“ ist semantisch nicht korrekt, da das Klima natürlich kein Subjekt ist und deshalb keine Katastrophen erleben kann. Häufig wird der Begriff „Klimawandel“ benutzt. Dieser Begriff ist sprachlich zwar besser, aber auch eine Verharmlosung dessen, was da auf uns zukommt. Wenn ein Mensch krank wird, sprechen wir von einer Krankheit und keineswegs vom Gesundheitswandel. Die Krankheit der Erde wird aber Klimawandel genannt. Dieser Begriff suggeriert, dass das Klimaproblem technisch und ökonomisch beherrschbar ist.

 

Das Treibhaus

Die Bezeichnung Treibhauseffekt geht auf eine Untersuchung der französischen Mathematikers Jean-Baptiste Fourier (1768-1830) zurück. Er vermutete schon im Jahre 1824 das eine Erwärmung stattfindet, indem er eine Parallele zur wärmenden Wirkung einer Glasscheibe zog, die über ein Pflanzenbeet platziert wird. Jeder Gewächshausbesitzer wird dieses bestätigen können. Das Sonnenlicht fällt durch das Fenster eines Gewächshauses auf den Boden und erwärmt ihn. Der Boden gibt Wärme in Form von Infrarotstrahlung einer bestimmten Wellenlänge wieder an die Luft ab. Die Glasscheiben eines Gewächshauses lassen das sichtbare Licht durch, die Wärmestrahlung wird aber blockiert. Die eingestrahlte Sonnenenergie bleibt als Wärme im Inneren des Gewächshauses zurück. Dieser Treibhauseffekt kann auf die Erde übertragen werden. Klimaforscher beobachten eine Veränderung der Atmosphäre durch den Ausstoß von CO2. Der Anstieg der CO2-Emission konnte im Jahre 1958 durch den amerikanischen Klimaforscher Charles David Keeling (1928-2005) nachgewiesen werden. Der Forscher führte präzise Messungen durch und konnte beweisen, dass die CO2-Konzentration um 1,5 parts per million (ppm) pro Jahr kontinuierlich zunimmt.

 

Der Anstieg der Durchschnittstemperatur der Atmosphäre und der Meere wird als globale Erwärmung bezeichnet. Der Klimawandel ist, da sind sich fast alle Wissenschaftler einig, anthropogen, also von Menschen gemacht. Die Erdatmosphäre wird andauernd von Menschen mit Treibhausgasen (zum Beispiel Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan) angereichert. Schätzungen gehen davon aus, dass die Erdbevölkerung jeden Tag mindestens 65 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre verbringt; der Planet kann diese große Menge nicht absorbieren.

 

Das Klima ist über einen unvorstellbar langen Zeitraum stabil geblieben, weil die infraroten Wärmestrahlungen der Sonne beispielsweise durch die Antarktis reflektiert werden. Durch die genannten Treibhausgase erhöht sich das Rückhaltevermögen für infrarote Wärmestrahlungen in der Troposphäre. Die Erde heizt sich auf, dadurch schmelzen die Polkappen ab und es kommt ein gefährlicher Kreislauf in Gang.

 

Kipp-Punkte

 

Klimaforscher behaupten, dass die CO2-Konzentration in der Atmosphäre momentan wesentlich höher ist als jemals in den letzten 650.000 Jahren. Dies lässt sich mit Hilfe von Eisbohrkernen beweisen. Wissenschaftler haben am Dome C in der Ostantarktis einen Eiskern erbohrt, der drei Kilometer lang ist. Es wurden stückweise 3 Meter lange Bohrkerne eingesetzt. Damit konnte man in Laboranalysen herausfinden, wie sich das Erdklima und die Zusammensetzung der Atmosphäre verändert haben. Die Analyse des Bohrkerns aus gepresstem Schnee brachte folgendes Ergebnis: Die Erde hat während der letzten 740.000 Jahre acht Eiszeiten und acht wärmere Perioden erlebt. Die nächste Eiszeit ist frühestens in 15.000 Jahren zu erwarten[1], wenn sich der Mensch wie in der vorindustriellen Zeit verhalten und auf den CO2-Ausstoß weitgehend verzichten würde.

 

Der empfindlichste Teil im gesamten Ökosystem der Erde ist die Atmosphäre, die besonders geschützt werden muss. Im Gegensatz zu anderen sogenannten Naturkatastrophen ist es nicht irgendwann vorbei und das Leben beginnt neu. Die Folgen einer Klimaveränderung werden bleiben. Außerdem ist es sehr wahrscheinlich, dass abrupte und starke Klimaänderungen einsetzen werden, deren Folgen unkalkulierbar sind.

 

Derartige Prozesse werden Kipp–Punkte genannt, weil kritische Schwellen im Klimasystem übertreten werden. In bestimmten Größenordnungen reagiert das Klimasystem mit sehr starken Veränderungen.

 

„Zu diesen Veränderungen gehören:

  • abrupte Klimaänderungen
  • unumkehrbare (irreversible) Prozesse
  • langfristige, starke Klimaänderungen.

Es besteht die Gefahr, dass abrupte, drastische Klimaänderungen die Anpassungsmöglichkeiten der menschlichen Gesellschaft überfordern oder auch übersteigen. Dies gilt insbesondere für solche Fälle, in denen die bewirkten Änderungen nicht mehr umkehrbar sind.[2] Solch eine Zäsur haben wir im Mai 2017, fast unbemerkt von der Öffentlichkeit, erlebt, als in der Antarktis ein Riss in einem Eisschelf in nur sechs Tagen um 18 Kilometer anwuchs. Danach löste sich das Bruchstück. Die 175 Kilometer lange und 50 Kilometer breite Scholle Larsen C treibt nun im offenen Meer. Wissenschaftler warnen vor den ökologischen und klimatischen Auswirkungen dieses größten Eisberges aller Zeiten. Umkehren lässt sich der Prozess nicht.

 

Das Klima der Erde ist so fein ausgesteuert, dass die globale Erwärmung dazu führen kann, dass ganze Wettersysteme sich verändern. Es ist durchaus möglich, dass in Europa und Nordamerika eine neue Eiszeit beginnt. Das kalte Frischwasser von den abschmelzenden arktischen Packeisfeldern könnte den Golfstrom zum Erliegen bringen.[3] Wissenschaftler beobachten schon seit längerer Zeit, dass sich der Golfstrom abschwächt. Beispielsweise wurde im Jahr 2004 an 10 Tagen überhaupt keine Strömung mehr gemessen.

Im Zusammenhang mit den Treibhausgasen werden mögliche Kipp-Punkte im Klimasystem diskutiert:

  • Schmelzen des Meereises und Abnahme der Albedo in der Arktis
  • Schmelzen des Grönländischen Eisschildes und Anstieg des Meeresspiegels
  • Instabilität des westantarktischen Eisschildes und Anstieg des Meeresspiegels
  • Störung der ozeanischen Zirkulation im Nordatlantik
  • Zunahme und mögliche Persistenz des El-Nino-Phänomens
  • Störung des Indischen Monsunregimes
  • Instabilität der Sahel-Zone in Afrika
  • Austrocknung und Kollaps des Amazonas-Regenwaldes
  • Kollaps der borealen Wälder
  • Auftauen des Permafrostbodens unter Freisetzung von Methan und Kohlendioxid
  • Schmelzen der Gletscher und Abnahme der Albedo im Himalaya
  • Versauerung der Ozeane und Abnahme der Aufnahmekapazität für Kohlendioxid
  • Freisetzung von Methan aus Meeresböden.[4]

Wenn zum Beispiel die Permafrostböden Sibiriens und Nordamerikas auftauen, hat das erhebliche Konsequenzen für unser Klima. Die dauergefrorene Erde schließt Milliarden Kubikmeter Methangas ein. Schätzungen gehen davon aus, dass der gesamte arktische Boden 1,8 Billionen Tonnen Kohlenstoff enthält und bei einer Freisetzung als Methan verdampft. Methan ist ein 24-mal klimawirksames Gas als Kohlendioxid. Wenn dieser Kipp-Punkt erreicht wird, ist er nicht mehr umkehrbar. Die Erde vergiftet sich dann selbst. Hinsichtlich der Kipp-Punkte weiß niemand genau, wann die kritischen Werte überschritten werden und die Erde gewissermaßen den Schalter umlegt. Wir hoffen, dass eine drastische Reduktion der CO2–Konzentration die drohende Katastrophe abwendet. Fraglich ist, ob die Erde noch mit sich handeln lässt.

 

Parts per million

Als Dennis Meadows im Jahre 1972 sein Buch „Die Grenzen des Wachstums“  veffentlichte, gab es vor allem von Ökonomen erhebliche Einwände, da das Wirtschaftswachstum angeblich der zentrale Motor für unseren Wohlstand ist. Teilweise wurde die Veröffentlichung von einigen Vertretern der Ökonomie als Schwarzmalerei betrachtet. Unstrittig ist, dass die CO2–Konzentration im Jahre 1860 circa 293 ppm (parts per million; in einer Million Liter Luftgemisch befinden sich 293 Liter CO2) betrug. Im Erscheinungsjahr des oben genannten Buches betrug sie circa 315 ppm. Dennis Meadows unterstellte ein exponentielles Wachstum und sagte im Jahr 1972 für das Jahr 2000 eine CO2–Konzentration von 380 ppm voraus. Er schrieb: „Gegenwärtig steigt er um etwa 1,5 ppm. Berechnungen, die den CO2–Austausch zwischen Atmosphäre, Biosphäre und den Ozeanen berücksichtigen, lassen im Jahr 2000 einen Gehalt von 380 ppm erwarten, dreißig Prozent mehr als 1860. Das zusätzliche Kohlendioxid stammt in erster Linie aus den Verbrennungsprozessen mit natürlichen Brennstoffen.“[5] Damit lag er genau richtig. Im Jahre 2015 hatten wir eine Konzentration von 400 ppm, Tendenz steigend. Im Übrigen hat Dennis Meadows bezüglich des CO2-Anstiegs die akribischen Messungen von Charles David Keeling aus dem Jahr 1958 bestätigt.

 

Klima versus Wetter 

Es geht in diesem Zusammenhang nicht um das Wetter, sondern um das Klima. Das Wetter beschreibt die kurzfristigen aktuellen Zustände der Atmosphäre. Auch wenn es noch viele offene Fragen gibt, eine belastbare These der Klimaexperten ist verifiziert: Je höher die Wassertemperatur der Ozeane, je höher der Meeresspiegel, desto heftiger die Intensität der Winde und Niederschläge eines Hurrikans, desto gewaltiger seine Zerstörungskraft. Für die Wetterlagen bedeutet das, dass der Klimawandel natürlich keine Stürme produzieren kann, aber durch den Klimawandel werden die Auswirkungen der Stürme erheblich verstärkt. Dieser Wetterwandel ist jetzt schon bei uns angekommen und wird zukünftig erhebliche Schäden und volkswirtschaftliche Kosten nach sich ziehen. Heute entfalten sich extreme Wetterereignisse unter völlig anderen Bedingungen als vor 200 Jahren.

 

Hinsichtlich des Klimas werden Mittelwerte über einen sehr langen Zeitraum erhoben. Der menschliche Organismus kann extreme Wetterveränderungen aushalten. Wir kommen mit 40 Grad Außentemperatur genauso klar wie mit 15 Grad minus. Nach den Lehrsätzen der Hydrotherapie kann ein gesunder, menschlicher Körper sogar kurzfristig minus 180 Grad Celsius oder plus 120 Grad Celsius aushalten. Unsere innere Temperatur lässt solche Schwankungen nicht zu, denn ein Mensch stirbt bei einer langfristigen Körpertemperatur von 33 Grad beziehungsweise 42 Grad Celsius. Wenn wir die Natur als Organismus begreifen, dann ist eine Temperaturdifferenz von 2 Grad Celsius eine große Zahl. Wenn ein menschlicher Organismus dauerhaft statt 37 Grad 39 Grad Celsius ertragen müsste, würde dieser Organismus nach einer gewissen Zeit kollabieren und vermutlich sterben. Unseren Organismus kennen wir gut, vom Organismus der Erde und der Funktionsweise der Natur haben wir uns aber weit entfernt. Die Natur wird instabil und krank, wenn sich die Erdatmosphäre erwärmt.

 

Der Klimawandel wird von großen Teilen der Bevölkerung überhaupt nicht ernst genommen, weil der CO2-Ausstoß eine saubere Emission“ ist. Schmutzige Emissionen“, wie Wasserverschmutzungen oder stinkendes Schwefeldioxid in der Luft werden sofort wahrgenommen und als unangenehm charakterisiert. Man könnte den Eindruck haben, es wird immer wärmer in Deutschland und bald brauchen wir nicht mehr nach Mallorca fliegen. Auch wird der zukünftige Weinanbau in Schweden als Chance des Klimawandels diskutiert. Überall bieten sich neue Geschäftsmöglichkeiten: „Zwischen 2008 und 2010 wurden mindestens 261 Patente im Zusammenhang mit dem Anbau von klimaresistenten Pflanzen eingereicht – Sorten, die extremen Wetterbedingungen trotzen sollen; fast 80 Prozent dieser Patente standen unter der Kontrolle von sechs großen Agrarkonzernen, darunter Monsanto und Syngenta.“[6] Die Erde kollabiert, die Unternehmen machen Geschäfte damit. Offensichtlich neigt unser Wirtschaftssystem dazu, das gesamte menschliche Miteinander zu Geschäftsfeldern zu machen; die allseitige Vermarktung dringt tief in die Gesellschaft ein.

 

Die Kosten des Klimawandels

Wenn durch den Klimawandel neue Geschäftsfelder eröffnet werden, müssen die Kosten betrachtet werden. Die Kosten von extremen Wetterereignissen betrugen im Jahre 1960 weltweit nur“ 9 Milliarden Dollar. Die amerikanische Regierung beziffert die Schäden des Hurrikans Katrina, der 2005 für eine verheerende Katastrophe gesorgt hat, auf 200 Milliarden Dollar. In den letzten drei Jahrzehnten sind die ökonomischen Schäden des Klimawandels um den Faktor 15 gestiegen. Die Versicherungsgesellschaft Münchner Rück erwartet eine weitere Vervielfachung der Kosten. Versicherungen sind bei steigender Eintrittswahrscheinlichkeit von sogenannten Naturkatastrohen immer weniger bereit, mögliche Schäden zu versichern.[7] Die Allgemeinheit wird dann diese Kosten zu tragen haben. Hierbei geht es aber nur darum, die ökonomischen Schäden der extremen Wetterereignisse zu reparieren. Eine Reparatur stellt den alten Zustand wieder her. Sie hat nichts mit den weiteren Konsequenzen eines Klimawandels, die kaum zu quantifizieren und zu prognostizieren sind, zu tun. Die ökologischen Folgen des Klimawandels lassen sich nicht reparieren, sie werden bleiben.

 

Das 2 Grad-Ziel 

Die Forderung nach geringerem CO2–Ausstoß wird niemanden überraschen. „Trotz sinkender Energie- und Kohlenstoffintensität sind die CO2–Emissionen aus fossilen Energiequellen seit 1970 um 80 Prozent angestiegen.“[8] Das Kyoto–Protokoll bezieht sich auf das Jahr 1990. Seit dieser Zeit ist die CO2–Emission um 40 Prozent gestiegen. Die im Protokoll geforderte Reduzierung ist nicht erkennbar, weil die Emission seit dem Jahre 2000 um jährlich 3 Prozent angestiegen ist. Das vereinbarte 2 Grad Ziel kann nur erreicht werden, wenn die CO2–Emissionen bis 2050 global um 50 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Damit in einigen Jahren die Emissionen wirklich sinken, müssen die Industrieländer 80 Prozent Reduktion schaffen. Dies ist aus zweierlei Gründen kaum möglich: Zum einen steigt der weltweite Energiebedarf um 2 Prozent pro Jahr rapide an. Dieser Energiebedarf wird nur zu einem sehr geringen Teil durch erneuerbare Energie abgedeckt. Zum zweiten wird die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen bis zum Jahr 2030 um schätzungsweise 70 Prozent weltweit zunehmen.[9] Der Transport deutscher Im- und Exporte rund um den Globus verursacht „heute mit 62 Mio. Tonnen CO2 mehr Treibhausgase als der Transport aller Waren innerhalb Deutschlands (56 Mio. Tonnen CO2).[10] Das sind die negativen Folgen der extremen Weltmarktorientierung Deutschlands. Es kommt hinzu, dass die von Donald Trump geführte US-Regierung aus dem Pariser Abkommen ausgestiegen ist. Die Zielerreichung wird immer unwahrscheinlicher, die Konflikte werden zunehmen.

 

Klimaflüchtlinge

Seitdem der Hurrikan Katrina durch New Orleans gefegt ist, mussten viele Bewohner vor den Zerstörungen fliehen. Aufgrund dieser extremen Wetterereignisse hat sich ein neuer Begriff herausgebildet, der Klimaflüchtling. Der fortschreitende Klimawandel wird zwangsläufig immer mehr Klimaflüchtlinge hervorbringen. In erster Linie werden weltweit die Küstenanwohner und Inselbewohner betroffen sein. Dieses findet aber schon in der heutigen Zeit statt und wird durch den Klimawandel zukünftig noch verstärkt. Eine klimapolitische Gerechtigkeit muss zwingend hergestellt werden, weil die Industrieländer des Nordens in einem unvorstellbaren Maße die fossilen Schätze der Erde verbrauchen und den Klimawandel anheizen, während die Länder des Südens am stärksten von der Klimakatastrophe betroffen sind. Wenn von den großen Parteien medial verkündet wird, dass die Fluchtursachen bekämpft werden müssen, wird grundsätzlich kein Zusammenhang zum Klimawandel oder anderen ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Problemen hergestellt. Es wird eher ein Zusammenhang hinsichtlich der Bekämpfung von kriminellen Schleppern beziehungsweise Schlepperorganisationen konstruiert, was natürlich keine Fluchtursache sein kann. Würden die Menschen in den ärmeren Ländern den westlichen Lebens- und Konsumstil kopieren, gäbe es möglicherweise weniger Fluchtbewegungen. Im Gegenzug würde die Traglast des Planeten zusammenbrechen, dass Ökosystem wäre ruiniert und der Klimawandel stellte sich als echte Klimakatastrophe dar. Durch die derzeitige Flüchtlingspolitik wird die Bewegungsfreiheit von Menschen in vielerlei Hinsicht eingeschränkt, während sich das Kapital weltweit frei bewegen kann. Flüchtlingsbewegungen sind sehr häufig eine Reaktion auf Krisen, die durch die freie Bewegung der Kapitalströme hervorgerufen werden.

Bedingt durch den Klimawandel werden sich folgende Konfliktszenarien ergeben:

  • Um die Nutzung von Böden und den Trinkwasserzugang zu erhöhen, werden lokale und regionale Gewaltkonflikte zunehmen.
  • Die Anzahl der Klimaflüchtlinge wird stark anwachsen.
  • Grenzüberschreitende Ressourcenkonflikte werden hervorgerufen, weil Wälder und Naturreservate verschwinden, Flüsse und Seen schrumpfen und versiegen.
  • Infektionskrankheiten und Ernährungsprobleme werden stark zunehmen.
  • Verteilungskonflikte werden Krieg und Terrorismus hervorbringen.

 

Diese globalen Probleme lassen sich nicht durch Marktmechanismen lösen, weil hier ein langfristiger strategischer Ansatz erforderlich ist. Über den Markt können ferner auch die Probleme nicht beseitigt werden, bei denen es um Energie, Umwelt und auch Grundlagenforschung geht. Die in der Marktwirtschaft wirksamen Kräfte können gefährliche Wirkungen entfesseln, weil sie nicht auf dem allgemeinen Interesse gründen, sondern der Profitlogik unterliegen. Die letzte Finanzkrise ist ein eindrückliches Beispiel, bei dem ein entfesselter Kapitalmarkt von dem aberwitzigen Prinzip des Gewinns um jeden Preis angetrieben wird.

 

Der anthropogene Klimawandel

Es steht außer Frage, die vom Klimawandel hervorgebrachten Katastrophen sind keine Naturkatastrophen, sondern diese Prozesse sind anthropogen, also von Menschen gemacht. Hinsichtlich der Gewaltfolgen, die ein Klimawandel mit sich bringt, ist es aber relativ unwichtig darüber nachzudenken, ob der Klimawandel anthropogen ist oder ob es normale“ Klimaschwankungen sind. Selbst Leugner des anthropogenen Klimawandels müssen sich mit den Gewaltfolgen auseinandersetzen, da der Klimawandel bereits jetzt schon da ist. Auch ein Donald Trump kann den Klimawandel nicht per Erlass stoppen. Die Trumps, Leugner und Gegner der Treibhauseffekt-Theorie argumentieren unter anderem damit, dass schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine gewisse Erwärmung der Globaltemperatur zu verzeichnen war. Dies seien normale“ Klimaschwankungen, die schon existierten, bevor der Mensch Kohlendioxid in nie dagewesenen Mengen in die Atmosphäre verbrachte. Dies wird darauf zurückgeführt, dass die Sonnenintensität sich ständig verändert. Diese Argumentation läuft aber ins Leere, da Meteorologen schon vor langer Zeit die natürlichen Veränderungen der Sonnenstrahlung in ihre Computersimulationen mit einbezogen haben. Sie bestätigen eindeutig, dass die Temperaturentwicklung durch die Zunahme des Kohlendioxids stattgefunden hat.

 

Die Länder, die am meisten betroffen sind (zum Beispiel in Afrika) können kaum alleine mit den klimabedingten Problemen fertig werden. Es wird prognostiziert, dass in Afrika „im Jahr 2020 zwischen 75 und 250 Millionen Menschen kein ausreichendes Trinkwasser haben werden.“[11] Es kann nicht sein, dass die Länder des Südens mit dieser Situation alleine gelassen werden. Diese Länder haben den Klimawandel nicht verursacht und sind vollkommen unschuldig daran. Paradoxerweise dürfen die Opfer auf Klimakonferenzen am wenigsten mitreden, während die Verursacher die großen Regierungsdelegationen stellen. Die Industrieländer tragen die Verantwortung und sind eindeutig die Verursacher. Diese Situation wird Verteilungskonflikte, Krieg, Terrorismus und gewaltige Flüchtlingsbewegungen hervorbringen.

Das Problem wird noch vergrößert, weil global operierende Investoren und einheimische Machthaber landgrabbing betreiben, um sich exportierbare Nahrungsmittel und Bodenschätze anzueignen. Damit wird den Ländern des Südens die Möglichkeit genommen, die eigene Entwicklung in die Hand zu nehmen.

 

Schlussbemerkung

Die entscheidende Verbindung zwischen dem Menschen und seiner Umwelt sind die menschlichen Sinne. Um zu erfahren, wie die Welt beziehungsweise die Umwelt um uns herum beschaffen ist, benötigen wir unsere menschlichen Sinne (Riechen, Sehen, Hören, Schmecken und Tasten). Um die CO2–Problematik erfassen zu können, reichen unsere Sinne nicht aus. Wir glauben häufig nur das, was wir auch sinnlich wahrnehmen können. Deshalb wird der Klimawandel von einigen Politikvertretern (vornehmlich in den USA) geleugnet. CO2 kann man weder riechen, sehen, hören, schmecken noch tasten. Der CO2–Ausstoß ist eine sogenannte saubere Emission“, wird kaum wahrgenommen und spielt im Leben der Menschen eigentlich keine Rolle. Die Natur und das Klima sind träge Systeme, die spät reagieren. Deshalb werden die Auswirkungen des Klimawandels wahrscheinlich erst in der Zukunft sichtbar, dann ist eine Umkehr aber nicht mehr möglich. Im Gegensatz zu anderen Katastrophen ist es nicht irgendwann vorbei und das Leben formiert sich neu. Die Kehrseite des trägen Klimawandels ist, dass das veränderte Klima mit allen Konsequenzen bleiben wird.

 

 

Quelle: Udo Köpke, Die Vergötterung der Märkte, Marburg, 2018. Seite 151-168.

 

 

Zum Thema "Klimapolitik" siehe auch die gut recherchierte Webseite von Harald Thielen-Redlich: http://www.zum.de/Faecher/Materialien/thielen-redlich/Klima/Klimapolitik.html

 

[1] Vgl. Jürgen Petermann (Hrsg.), Sichere Energie im 21. Jahrhundert, Hamburg, 2006, S.102 / 103.

[2] http://www.umweltbundesamt.de/publikationen/ kipp-punkte-im-klimasystem, abgerufen 15.07.2017

[3] Vgl. Richard Heinberg, Öl – Ende, München, 2008, S. 55.

[4] http://www.umweltbundesamt.de/publikationen/kipp-punkte-im-klimasystem, abgerufen am 16.07.2017

[5] Dennis Meadows, Die Grenzen des Wachstums, Hamburg, 1973, S. 60

[6] Naomi Klein, Die Entscheidung, Kapitalismus vs. Klima, Frankfurt am Main, 2015, S. 19

[7] Vgl. http://www.claudiakemfert.de/wp-content/ uploads/2016/03/IP_Kemfert.pdf, abgerufen am 20.10.2017

[8] Tim Jackson, Wohlstand ohne Wachstum, München, 2011, S. 85

[9] Vgl. Achim Brunnengräber, Kristina Dietz und Melanie Weber, Jenseits von Kyoto, in: Der Sound des Sachzwangs, Blätter für deutsche und internationale Politik (Hg.), Bonn – Berlin, 2006, S. 246

[10] Tilman Sartarius, Nie wieder Exportweltmeister, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Berlin, 2009, S. 11

[11] Harald Welzer, Klimakriege, Frankfurt am Main, 2008, S. 57

 

 

 

Druckversion | Sitemap
© VWL-Nachhaltig